Donnerstag, 21. Februar 2008

Tod light, jetzt auch ohne Vanille-Geschmack

Vorweg:
Ich habe die Gastkommentare aktiviert, jetzt sollte jeder hier seinen Senf dazugeben können. :)

Heute mal wieder ernster:
Sein wir ehrlich, ein Spiel ist erst dann wirklich gut, wenn man wie ein Kesselflicker darüber fluchen kann. Wenn man mit der Faust auf den Tisch ballert, die Nachbarn aufschreckt und das intensive Bedürfnis hat, seine Kaffeetasse mir Schwung an die nächste Wand zu pfeffern, aber dann trotzdem noch mal das versucht, an dem man soeben gescheitert ist, weiß man das man ein ordentliches Spiel vor sich hat. Hat man danach die Hürde überwunden, den nervigen Zwischenboss besiegt oder die ätzende Jump-And-Run-Sequenz überstanden fühlt man sich als hätte man etwas geschafft...Wo wir gerade dabei sind, wie bekommt man am besten Kaffe aus Lederpolstern raus?

Gerade die Möglichkeit für sein Versagen 'bestraft' zu werden, macht meiner Meinung nach eine ordentliche Portion Nervenkitzel aus, die heutzutage aber durch immer leichtere und 'Einsteigerfreundliche' Spiele irgendwie wegfällt... Man darf ja seine Kunden nicht frustrieren. Allerdings, wenn ich weiß, dass mit im Falle meines 'Todes' irgendwas 'Schlimmes' passiert, ist der Nervenkitzel doch gleich viel stärker, oder nicht?

Zugegeben, bei Offline-Spielen ist diese 'Bestrafung' im Ernstfall ein langer, ätzender Gang voller Gegner, den ich schon wieder durchspielen muss, weil der letzte Savepoint am Arsch der Welt liegt und der letzte Gegner im Abschnitt mich zum zwanzigsten Mal von der Plattform geschubst hat. Natürlich darf man den Bogen auch nicht Überspannen, es muss schon mit etwas Spucke machbar sein und keine unschaffbare Hürde darstellen... ansonsten lernt man das teuer gekaufte Spiel nach und nach an zu hassen und entwickelt für alle Folgeteile eine unumstößliche und tiefe Verachtung. ( 'Danke' Tomb Raider Erfinder Toby Gard. )

Dennoch:
Jemand, der nicht die Gefahr eingehen möchte, dass sein Lebensbalken unvermittelt auf Null sinkt, wird wohl kaum um Mitternacht sein Zimmer abdunkeln, sich weit zum Monitor vor beugen und dabei nervös seine Unterlippe abkauen... während eine viel zu kleine Taschenfunzel, die noch stillen Gänge einer dämonenverseuchten Marsstation beleuchtet... wo wir gerade dabei sind, welche Alternativen gibt es eigentlich für Labello?

In MMOs hat man, durch das Fehlen der Quicksave-Funktion, viel schönere Möglichkeiten 'dezente' Rückschläge einzubauen, doch leider sind die Folgen für das Versagen in den meisten MMORPGs eher 'mau'. Allerdings, wenn es eine Qucksave-Funktion gäbe, würde ich sie für meinen Teil dafür nutzen mit gewissen Individuen mehrmals hintereinander den Boden aufzuwischen...

Die Spitze der weich gespülten Todesfolgen hierbei führt WoW mit großem Abstand an. Im Ernstfall trägt man allenfalls die Repkosten für 35% Rüstungsverlust, d.h. 10 weitere Monster kloppen und den Grauloot verkaufen. Bevor man das allerdings machen kann, hat noch 15 Minuten Zeit, die man damit verbringen kann die Spülmaschine ein- und auszuräumen, den Hund vor der Tür auszuwringen und sich nebenbei noch eine neue Packung Fluppen zu holen. Wenn man keine solche Ambitionen hat, kann man auch die Zeit im Auktionshaus oder auf einem Twink vertrödeln, im Internet versurfen oder sich 10 Minuten künstlich darüber aufregen, dass der Pala zwar 2 Stunden für den Mob braucht, aber zumindest den +3 Stufen Elitegegner schafft... ich war an dem Tag übrigens sehr stolz auf mich.

Wenn ich an die Anfangszeit von Ultima Online denke, hatte man teilweise Glück, dass man vor die Stadt und aus den Schutz der Wachen treten konnte, ohne das man bin in 30 Sekunden ‚umgenuked’ wurde... (CORP POR! CORP POR! CORP POR!) ...um dann nackt und um einen Teil seiner Habe gebracht zum nächsten Wiederbelebungsschrein zu schlurfen.
Das war noch Nervenkitzel.

Das nächste "große" Spiel mit dem ich mich dann auseinandersetze war Anarchy Online. Als ich damals Teil der Community wurde musste ich erfahren, dass die Todesfolgen schon abgemildert worden waren. Wenn man dort seinen Charakter nicht gegen ein paar Credits bei der Versicherung "speicherte" verlor man alle Exp bis zum Levelanfang, oder bis zum letzten Speichervorgang. Die verlorenen Exp wurden allerdings auf ein Rested-Konto gutgeschrieben bekam, so das man faktisch nichts verloren hatte. Man darf ja seine Kunden nicht frustrieren.

Erschreckender Weise wäre so etwas schon ein Fortschritt für WoW... und vermutlich ist es auch der einzig machbare Fortschritt. Davon ausgehend das es nun mal eingeplant ist, dass man an Gegnern wie Magtheridon mehrmals hintereinander wiped, bevor irgendwer den Kampf auch nur kapiert hat - würde eine härtere 'Bestrafung' als die Repkosten im PvE einen untragbaren Frustfaktor darstellen, man darf ja seine Kunden nicht frustrieren. Die Tatsache, dass man zu dem Zeitpunkt schon den Höchsten Level erreicht hat und keine Exp mehr bekommt, lassen wir einfach mal außen vor. Dennoch kann niemand abstreiten, das das PVE-Endgame bei WoW eigentlich nur daraus besteht mit Bossen den Boden auf zu wischen.... oder vice versa.

Das es allerdings auch anders geht zeigt EvE Online. Hierbei ist man immer irgendwo 'gearscht', wenn es das eigene Raumschiff zerlegt. Zwar gibt es Versicherungen, die den herumtreibenden Schrotthaufen zum Teil wieder in Bares verwandeln, aber halt nur zum Teil. Hat man Glück und wurde von einem NPC in einem Nicht-PvP-System zerstört, kann man zwei Drittel seiner Schiffskomponenten wieder aus dem Müll bergen... hat man Pech und es war ein Player-Piratentrupp, brauch man erst gar nicht daran denken zum Wrack zurückzufliegen ... das wurde nämlich bereits bis die letzte Schraube verwertet.

Solche Spannungsmomente führen gleich zu einer anderen Spielweise... wenn man zum Beispiel ein Schiff bis an die Unterkante mit Geschwindigkeitsboostern ausrüstet, damit man schwerer zu treffen ist wenn man durch drei PVP-Systeme abkürzen will, oder man sich Zufluchtspunkte irgendwo im Leerraum eines gefährlichen Systems merkt, wo man nicht gefunden werden kann.

In diesem Sinne: "Auf die Fresse bekommen" ist ein integraler Bestandteil eines guten Spieles.

3 Kommentare:

Mithrandir hat gesagt…

Prinzipiell völlig richtig. Wenn es zu einfach ist, wird es schnell fad (btw. wiedermal habe ich gelesen das bei Dawn of War alles viel zu schwer ist, ich wische den PC selbst auf Mittel noch völlig blind auf, erst danach wirds anspruchsvoll/schwer, von demher ist das wohl leider alles rein subjektiv.)

Aber gerade bei einem MMO ist das Problem, wenn diese Rückschläge zu hart sind ergibt sich mittelfristig (vor allem bei einem Spiel mit so großer Kundschaft wie WoW) eine "Elite" (die sich effektiv wirklich nur durch "Lange spielen" rekrutiert), die alle "kleinen" aufwischen kann, was für die dann nicht mehr spannend sonern nur noch ätzend ist.
Ich denke, solange der "Spielemacher" keinen Einfluss auf den Grad des Sterbens hat (was bei PvP der Fall ist) sind Restriktionen schwierig (jeder der vor Ehrenpunkten udn Battlegrounds in WoW einen Paladin auf PvP gespielt hat weiss wovon ich rede).

Anonym hat gesagt…

Ist das geil deinen Artikel zu lesen, da ich auch WoW spiele und zuvor jahrelang in Ultima Online getummelt hab...

Du hast recht - Man braucht ein Spiel auf dem man auf die Fresse bekommt.
Was wäre ein Spiel ohne den Nervenkitzel?

Ich erinnere mich an Ultima Online Zeiten, indem es fast einem Heldenakt ähnelte 10 Schritte vor die Stadt zu setzen...

Direkt kam ein "Kal Vas Flam", "Corp Por" oder Lightning angesaust, der einem das schön erfarmte Equip direkt zunichte gemacht hat. Es sei denn man war selber Palyer Killer ;)

Obwohl ich saen muss das dieser Effekt etwas in WoW fehlt, was verliert man so großartig?

Die Leute die über Repkosten heulen , haben nie UO oder EVE gezockt ;D

Ein hauch von Nostalgie in deinem Blog bzgl UO... sehr geil!

Reavel und Grawk hat gesagt…

Hey, cooler Blog, gefällt mir.
Besuch doch mal meinen:
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