Dienstag, 26. Februar 2008

WoW-RPBDSM

Es gibt glaube ich kein anderes Thema, über dass ich so viele kleine 'Unnettigkeiten' vom Stapel lassen kann, wie über "die selbsternannten Hüter des Rollenspiels" in WoW. Und da ich zum Thema 'Rollenspiel in WoW' mich neulich wieder in eine Forendiskussion verwickeln lassen habe…

Dazu sei gesagt, ich selbst bin ein Rollenspieler, aber keiner dieser WoW-Rollenspieler, sondern einer von denen die enthusiastisch das so genannte PnP (siehe unten) betreiben... und das seit gut 10 Jahren. Ich gestehe mir von daher ein wenig Überblick in die Untiefen des Rollenspieles und der Charakterdarstellung zu.

Leider komme ich nicht umhin, für die etwas Unbefangenen unter uns, einen minimalistischen Abriss zu geben, warum sich nun auf dedizierten RP-PvE und RP-PvP-Servern sich Leute tummeln, welche sich im /say und /e 'Ihrzen' und 'Euchzen', reden wie ‚Prinz Eisenherz sein Onkel’ und in Darnassus, mit einem eisernen Durchhaltevermögen, mehrmals den Weg vom AH bis zur Bank gehen und auch wieder zurück.

Kleiner Exkurs:
Anfang der 70er des letzten Jahrhunderts stieg Gary Gygax zusammen mit dem ersten Pen und Paper Rollenspiel (PnP) Regelwerk aus dem Rollenspiel-Urschleim hinauf in die Welt der Sterblichen. Dieser nette Schwung Regeln hatte die Idee zu Grunde, dass in einer erlauchten Runde von drei bis acht Nerds (positive Wortbedeutung), sich ein Nerd als Spielleiter eine in einer Fantasywelt eine Geschichte dazu ausdachte, in der die anderen Nerds als Helden interagieren konnten. Hier zu erschaffte sich jeder Helden-Nerd einen Charakter, wie Dieb, Magier, Krieger etc. und notierte Werte wie Geschicklichkeit, Intelligenz und Stärke auf einem Zettel auch Charakterbogen genannt. Der Spielleiter übernahm Monster oder verkörperte Personen (NPCs) mit denen die Helden agieren konnten, aber nicht mussten. Mit den Werten in den Charakterbögen wurde dann gewürfelt und so zum Teil dem Zufall überlassen, wie gut man nun ein einzelnes Schloss knacken, ein Schwert schwingen oder einen Feuerball werfen konnte.

Danach wurde diese Idee von vielen anderen Leuten übernommen, die bis heute nach und nach verschiedenste Regelwerke herausbrachten und noch bringen, wie zum Beispiel:

DSA
(für Regelfetischisten - in DSA 3.0 haben selbst Hamster einen Kampfwert),

Vampire: The Masquerade
(für Goths - im Endeffekt geht die Welt so oder so unter),

Shadowrun
(für Amokläufer - so oder so endet es darin, dass immer irgendwas schief geht)


oder Rolemaster
(für Mathematikprofessoren… und dem Erfinder von Excel)
.

Der wirkliche Reiz bei all diesen Spielen liegt nicht darin, dass man Werte hat, Monster kloppt, seine Erfahrung und den Loot einstreicht - nur um am Ende herauszufinden, dass die Prinzessin doch in 'another castle' ist -, sondern dass man tatsächlich einen Charakter verkörpern kann mit all seinen Zielen, Macken, Stärken, Problemen und Ängsten. So führt es gleich zu komplexeren Problemen, wenn die Helden eine Burgmauer erklimmen müssen, aber der Zwerg eine derart panische Höhenangst hat, dass er sich eigentlich schon auf der zweiten Treppenstufe am Geländer festklammert...

Irgendwann kam man natürlich auch auf die Idee, das Konzept: "Mein Charakter hat Werte, bekommt durch 'Zeug' Erfahrung und wenn er mit dieser Erfahrung zum nächsten Level aufsteigt kann er diese Werte auch verbessern." mehr oder weniger komplex in Computerspiele zu übertragen.

Das Problem was sich bei Rollenspielen am PC ergibt, ist dass diese einen festen Handlungsrahmen oder feste Handlungsoptionen vorgeben, aus dem man nicht ausbrechen kann. Man hat auch keine Möglichkeit gewisse Charakterzüge 'auszuleben' oder alternative Lösungswege zu suchen. Wann man im PC Spiel zum Beispiel die Aufmerksamkeit eines guten Gottes erlangen will und man laut Questgeber dazu ein gewisses Ritual durchführen muss... bestünde beim PnP durchaus die Möglichkeit einfach den Zwerg an den Altar des bewussten Gottes pinkeln zu lassen… denn wenn’s dann blitzt und der Zwerg raucht, darf man sich der Aufmerksamkeit sicher sein. (Wer brauch schon Zwerge...?)
Ende des Exkurses.

Wir bemerken bereits leichte Ansätze warum, meiner Meinung nach, Rollenspiel in WoW nicht so wirklich das Wahre sein kann, richtig? Schaut man sich WoW an, muss man einsehen dass die Welt... viel zu 'statisch' ist um dort etwas mit den eigenen Aktionen zu verändern. Schließlich muss ja der Mob XY für den Rest der Welt respawnen, weil sonst nur einer das Quest erledigen könnte und alle anderen dumm dastehen...

Praktisches Beispiel:
...da stehe also mit meiner Hexe in Stormwind, reite vom Magierviertel wie eine besengte Sau zum AH um mir einige Kräuter vor dem Raid zu besorgen. Da ich natürlich nicht durch irgendeine RP-Unterhaltung preschen will, steige ich vorher ab bevor ich ins Handelsviertel laufe... trotzdem spricht mich ein Spieler an der genau so gekleidet ist wie die NPC Stadtwache.

"Reiten und Laufen sind in der Stadt verboten."

Stormwind ist eigentlich eine Stadt die, je nachdem wo man nachliest, entweder 200.000 oder 2 Millionen Einwohner hat... und was macht man in einer Stadt in der es keinen öffentlichen Nahverkehr hat? Richtig.

"Warum ist es verboten?"

"Es ist zu gefährlich."


Ich stehe also vor einem selbst ernannten RP-Polizisten und frage mich wer überhaupt den Unsinn in die Welt gesetzt hat, dass man in einer Stadt nicht rennen oder reiten darf. Vor allem, wer hat diese Person bitte zur Stadtwache erhoben? Der 5 Jährige König wird vermutlich auch nicht viel mehr zu sagen gehabt haben als sonst… nun zumindest macht sich wer die Mühe so zu tun als ob, also spielt man mit – man will ja kein Spielverderber sein. Aber dann…

(( OOC: Ich übersehe mal dass du eine Hexe bist. ))

Richtig HEXER!
Die aller Bösesten der Bösesten.
Individuen die von der Gesellschaft verachtet werden, Kreaturen im Untergrund leben müssen, damit sie nicht auffallen um jeden Paladin einen riesigen Bogen machen sollten und zu allem Überfluss in der Kathedrale von Stormwind mit einem fröhlichen: "HALLO HEXENMEISTER! WiLLKOMMEN IN DER KATHEDRALE DES LICHTS, GENIESST EUREN AUFENTHALT!" vom Kerl am Eingang begrüßt werden.

Praktische Kritik:
Von mir aus kann jeder mit seiner Zeit anfangen was er möchte, solange er anderen nicht auf den Senkel geht… Allerdings, mir vorzuschreiben wie ich Rollenspiel zu verstehen habe, gehört dazu. Darüber hinaus ist es immer wieder erstaunlich wie viele von diesen 'Hardcore Rollenspieler' aus den Untiefen eines Forums 'aufploppen' wenn man Kritik gegen sie äußert:

"Also dein Engagement in allen Ehren, aber meinst du nicht, dass es doch irgendwie Zeitverschwendung ist, in der Kathedrale am Altar ein Gebet zu tippen, wenn kein anderer Spieler da ist um es zu lesen? Das ist in meinen Augen genau so Non-Sense, wie überall hinzugehen... wenn eh keiner auf dem Weg ist, den du dann im Rollenspiel 'anspielen' könntest?"

Auf einmal ist man umzingelt.
Man hört von allen Seiten, dass es um 'Atmosphäre' ginge und 'richtiges Rollenspiel' und man selber würde sich allein durch diese Frage selbst disqualifizieren. Und was ist bitteschön 'richtiges Rollenspiel'? Es genau so zu machen wie diejenigen, die im Forum am lautesten blöken und welche von sich behaupten richtige 'Hardcore Rollenspieler' zu sein? Geiler Ausdruck wie ich finde… dann bin ich also in diesem Fall wohl entweder ein Softcore-Rollenspieler oder ein Rollenspieler mit weniger als 160 BPM (BadassEmotes-Per-Minute).

Auf Nachfrage haben dann allerdings 90% dieser 'Hardcore Rollenspieler' entweder gar nicht, oder vielleicht einen Abend im Leben an einem PnP-Rollenspiel teilgenommen - halten sich aber selber für die Verteidiger des Rollenspieles in WoW. Jeder der es mit dem Rollenspiel nicht absolut genau so hält wie sie, ist pauschal eh ein 'OOCler' und soll doch gefälligst zu den anderen in diese wirklich große 'OOCler und RP-Zerstörer'-Schublade springen, damit er auch ja nie wieder die hart erarbeitete 'Atmosphäre' zerstört.
Feindbild, ahoi!

Ich weiß nicht, wenn ich mir alleine Atmosphäre schaffen möchte, mache ich dieses entweder indem ich meine Wohnung umdekoriere ... oder es hat etwas mit Handcreme zu tun. *räusper* Genau so halte ich aber auch die Tatsache, dass man alleine im Wald vor sich hinemotet für virtuelle Selbstbefriedigung. Mag ja sein das manch einer daran Spass hat allein vor sich hin zu tippen und stören tut es mich auch nicht... nur zusammen macht es immer mehr Spaß.

Darüberhinaus frage ich mich, wenn man schon so Konsequent ist immer und überall in der Rolle zu sein und jede Kleinigkeit in sein eigenes Rollenspiel einbinden muss, warum ist man dann nicht auch so konsequent und fällt vor dem großen und unsterblichen Gott "Hogger", spätestens nach dem 10ten Respawn auf die Knie und erkennt seine Machtlosigkeit ihn zu töten?

In diesem Sinne wünsche ich schönes RP, wo auch immer.

1 Kommentar:

Mithrandir hat gesagt…

NAja, ich denke das Problem an diesen "Badass" oder "Nazi" rollenspielern ist eben die, dass sie nie erfahren haben was (meiner Meinung nach) "richtiges Rollenspiel" (TM!) ist, sondern oft von UO Freeshard-Server oder ähnlichem kommen, wo es meiner Meinung nach nicht umn das interessante Ausspielen und Leben einer Rolle geht, sondern um eine Life-Simulation (ich sage nur "Dein Charakter muss essen, sonst stirbt er").

Was diese Leute dann aber vergessen ist, dass ein Charakter a) auch schlafen muss. und b) auch lebt wenn der Spieler nicht eingeloggt ist und damit sowieso das ganze Konstrukt, das diese Leute aufbauen wollen ad absurdum führt.

Last but not least:
Das Problem ist auch, das genau diese Hardcore Leute sich hinsetzen, schauen was "echte" OOCler tun, und dann jeden, der das auch tut gleich in den OOC Topf werfen.
Oder: Wenn ein Amokläufer Ego-Shooter spielt, sind alle Ego-Shooter-Spieler auch Amokläufer.