Donnerstag, 4. September 2008

I, Sheep

Heute mal etwas, dass nichts mit Gaming zu tun hat. Aber keine Sorge ein Artikel in gewohnter Manier kommt später den Abend. Wisst Ihr, manchmal glaube ich die meisten Leute denken nicht weiter nach als bis zur nächsten Mahlzeit und das erschreckt mich. Naja, was heißt "manchmal"...

Gemeinsam sind wir stark... daneben
Ich gebe zu, ich habe von 'der Masse' an sich kein gutes Bild. Mehr noch glaube ich, dass 'die Masse' eine Perversion, wenn nicht die Umkehrung des 'vernünftig denkenden Menschen' ist. Und so traurig es ist, ohne einen Dirigenten oder ein festes und fixes System von Regeln, wird aus dem Gesang eines Chors in monotones Dröhnen. Wie wir, wieder und wieder durch die Geschichte gelernt haben (sollten), ist eine Masse von Menschen nie mehr gewesen, als ein Werkzeug für eine kleinere Gruppe, eine Weltanschauung oder der Gewalt. Das soll nicht heißen, dass eine Menge von Menschen nicht einem 'guten' Zweck dienen kann, nur erfordert dieses zunächst, dass man im Vorfeld geklärt hat, was der eigentliche Zweck der Zusammenkunft ist.

Menschen die sich in irgendeiner Weise zu einem großen amorphen Klumpen zusammengeschlossen haben, neigen dazu ihre Wahrnehmung und Vernunft mit einem Grinsen über die Schulter zu werfen und zu reagieren wie ein dummes Tier oder eine Schafsherde. Diese Herde kann -wie gesagt- ein gewisses Ziel verflogen, aber nur wenn dieses Ziel vorher wirklich eindeutig gesetzt wurde. Je weniger oder diffuser man sich vorher auf einen Nenner geeinigt hat, desto weniger verhält sich diese Masse zielgerichtet sondern eher instinktgetrieben.
Damit meine ich nicht nur den 'wütenden Mob mit Fackeln und Mistgabeln', oder eine Protestaktion, die vielleicht aus dem Ruder läuft. Es trifft auch auf eine 'ausreichend Große' Internetcommunity zu und trifft selbst auf den gewöhnlichen Fernsehzuschauer in einem gewissen Maße zu.

Gemeinsam sind wir grau
Das Paradoxe an dieser Sache ist, dass eine einzelne Person, oder eine kleine Gruppe von Personen, sich weit intelligenter verhält und sich 'vernünftiger' benehmen kann als eine relativ große Gruppe dazu in der Lage ist.
Das liegt in der Natur der Sache. Solange man sich in einem überschaubaren Rahmen bewegt oder eine feste Hierarchie hat, die bestimmte Aufgaben an einzelne Untergruppen zuweist, hat man keine Möglichkeit eine 'Masse' zu steuern. Wobei in diesem Fall, der begriff 'Masse' nicht mehr zutrifft, sondern 'Organisation' das richtige Wort ist.
In einer solchen Organisation hat man dann Kanäle um Feedback an alle (oder die zuständigen Stellen) zu geben und man kann gezielt und effektiv im Rahmen seiner Untergruppe handeln.
Das kann man so umschreiben: Während man bei einer großen Menge von Menschen, alle Farben in einem Kessel zu einem 'großen grauen Blob' vermischt werden, hat man hier kleine Farbeimer, die vielleicht auch nicht die schillernsten sind, aber dennoch dazu gemacht sind ein Bild in mehreren Farben zu malen.

Klingt ein wenig extrem und elitär, huh?
Lasst mich das weiter erklären. Ich könnte ein weltnahes Beispiel nehmen, aber ich wähle einfach mal eine Internet-Community.

Gemeinsam sind wir Schafe
Je größer eine solche Community ist, desto unflexibler und unproduktiver wird sie.
Man nehme zum Vergleich eine Horde Schafe, binde sie alle an ein und das selbe Thema an und schaue was passiert. Das Thema stelle man sich hierbei vor wie einen Pflock, an dem alle Leinen zugleich festgemacht werden. Dieses Thema/Pflock wirft eine Fragestellung auf, die es durch eine Entscheidungsfindung zu lösen gilt, wobei die verschiedenen 'Lösungen' an den gegenüberliegenden Enden der Weide liegen. Der Pflock wird in Folge zwar schnell aus dem Boden gerissen, sich aber kaum oder nur langsam bewegen... solange die Umgebung nur genug Platz für alle möglichen Arten von Meinungen lässt.

Einige Schafe blöken 'Bäääh' und ziehen nach links, die anderen 'Möööh' und ziehen nach rechts. Das Ergebnis daraus ist, das es entweder ewig braucht, bis man für das 'Gesteckte Problem' eine Lösung gefunden hat oder es gibt so viele Meinungen, dass man nie zu einer vernünftigen Lösung kommt und der Pflock nie mehr als einen gewissen Abstand von seinem Ursprungsort überschreitet.

Natürlich mögen viele nun sagen:
"Aber Zach! Der Mensch ist doch kein Schaf! Ein Mensch kann nachdenken und sich auch zu Kompromissen durchringen!"

Gemeinsam sind wir nicht selbstkritisch
Ja richtig, aber das ist es gerade, ein Mensch kann das, aber je mehr Meinungen und Menschen zusammenkommen, desto weniger ist der einzelne mit einem Kompromiss einverstanden. Jedes Schaf beginnt mit einer vorgefassten Meinung und wird so lange in seine angestrebte Richtung zerren, solange es nur genug andere Schafe gibt, die neben diesem in dem gleichen Tonfall blöken und in die selbe Richtung zerren.

"Wenn es jemanden gibt, der am selben Strick wie ich zieht, dann kann ich doch gar nicht so falsch liegen." so der Gedankengang.

Eben nicht.
Denn das ist auch der Punkt wo man sein "Hirn an der Garderobe abgibt". Es macht die eigene Meinung nicht 'richtiger' oder 'besser', nur weil es genug andere gibt, die den selben Kram in die Welt hinausschreien. Die Fähigkeit eines Menschen, seine eigenen Handlungen zu hinterfragen, sinkt um so tiefer je mehr Zustimmung er hat, Und genau das ist es, was meiner Meinung nach die Vernunft aus einer Masse herausdividiert.

Gemeinsam sollten wir auch nachdenken
Elitäres Denken?
Ja teilweise, aber nicht vollkommen. Und ja, ich weiß, dass ich mit diesen Gedanken seit Langem nicht der erste bin, aber ich wollt euch keine Namen heraussuchen, die ohnehin niemanden etwas sagen.

Die Lösungen die sich mir aufdrängen habe ich schon angedeutet:
Entweder man einigt sich auf einen, der sagt wo es lang geht. So geschehen in unserer heutigen Demokratie, wo wir das alle vier Jahre tun und dann das Beste hoffen. Oder ... wir versuchen uns alle selbst ein wenig zu ändern. Denn die einzige Person, die wir (am ehesten) ändern können, das sind wir selbst. Ich glaube an die Vernunft - immer noch - und ich frage mich, wie wäre es denn wäre, wenn jeder von uns auch ab und an mal die Welle aus Zustimmung hinterfragt auf der man surft und sich dafür auch mal die Worte der Gegenseite durch den Kopf gehen lässt?

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich finde es gut, dass du auch mal in anderen Bereichen "wilderst". Wirklich interessant und schön zu lesen!

Anonym hat gesagt…

Viele glauben, dass das Zeitalter der Aufklärung längst vergangen ist. Ich jedoch sage, dass wir mittendrin sind.

Anonym hat gesagt…

"Viele glauben, dass das Zeitalter der Aufklärung längst vergangen ist. Ich jedoch sage, dass wir mittendrin sind."

Das denke ich auch. Wahrscheinlich stehen wir dabei fast noch am Anfang.

Und der Blogeintrag ist echt schön und interessant.

Ich hatte auch mal etwas in der Art gelesen/gehört:

Hat das Volk einen der das Land leitet z.B. König, dann kann das Volk sich auf ihn einstellen weil es nach einiger Zeit ungefähr erahnen kann was dieser tut/tun wird.

In unserer Demokratie dagegen ist dies anders. Dort ist sich eh jeder im Bundestag uneinig und alle 4 Jahre ist man genauso schlau wie vorher, nämlich gar nicht.

Anonym hat gesagt…

Sehr schöner Text, ich kann deine Gedankengänge auch nachvollziehen, allerdings muss ich dir als überzeugter Christ an der Stelle widersprechen an der du sinngemäß sagst, der Mensch würde sich aus eigener Vernunft bessern.
Das hat schon Marx gedacht/gehofft und wir wissen ja was aus dem Sozialismus/Kommunismus geworden ist. (Wobei ich das Modell es Sozialismus nachgerade ideal finde.) Der Mensch ist halt aus sich heraus nur nicht "gut" genug um sich zu einer Vernünftigen Lösung hin zu verhalten/ändern.

Da der Durchschnittsdeutsche/Össi/Schweizer ja Atheist ist, bin ich mir bewusst, dass die meisten hier das nicht nachvollziehen können, aber imho sind Menschen egal ob in der Masse oder alleine unfähig gut zu sein und auch nur bis zu einem gewissen Grad vernünftig... gut ist nur Gott und wenn man seine Existenz (auch nur hypothetisch) annimmt, muss er auch vernünftiger als alle Menschen sein.

...so, das war das Wort zum Donnerstag *g*

Zachrid hat gesagt…

Ich bin zwar Agnostiker, aber ich verstehe nicht, was bei dem Glaube an das Gute im Menschen unchristlich wäre. Jemand der nicht fest daran glaubt, dass es eines Tages besser sein könnte, der hat sein Schicksal bereits akzeptiert und wird sich deswegen nie weiterentwickeln.

Warum nicht das 'Gute im Menschen' als Gott sehen. Das wäre auch in Ordnung für mich, doch ich möchte lieber glauben, dass die Menschheit von sich aus die Chance hat sich zum Besten zu wenden. Sei das nun ein gottgegebenes Geschenk, oder eine evolutionäre Neuropsychologische Tatsache.

Ich glaube nicht, dass der Herr mein Hirte sein will, wenn ich mich nicht von ihm führen lassen will. Ich glaube noch weniger, dass er das tun will, wenn ich von mir aus versuche meinen Beitrag zu leisten um diese Welt ein wenig besser zu machen.

Die ganze Menschliche Existenz wäre in meinen Augen nur ein Witz, wenn es anders als so wäre... wenn am Ende des Lebens ein Mann mit einem Zauselbart mich vor einem Goldenen Himmelstor mit den Worten: "Du warst zwar im ganzen ein Netter Kerl, aber du hast nicht genug an Gott geglaubt, deshalb darfst du nicht zum Chef, ab ins Fegefeuer... oh halt, das wurde ja abgeschafft."

Das Leben nur um in den Mühlen einer Göttlichen Existenz zu funktionieren, wenn es so wäre warum sind wir dann uns unserer Selbst bewusst... Selbst wenn die Existenz an sich nur eine gigantische Reality-Show ist, die ein Gott aus purer Langeweile gemacht hat, macht es keinen Sinn am Ende alles was gegeben ist, als einen Teil eines großen Planes zu sehen.... *durch atmet* Naja... ich schweife ab.

Anonym hat gesagt…

"Die intelligenz eine Menschenmenge ist gleich der Intelligenz des dümmsten geteilt durch die Anzahl der Menschen."

Das ist ein (mehr oder weniger korrektes) Zitat aus einem der Terry Pratchett Bücher,glaube ich, desweiteren glaube ich dass es ziemlich gut passt.
Der Mensch ist dazu gedacht sich von einer Gruppe beeinflussen zu lassen.
Sieht man zum Beispiel eine Gruppe Menschen panisch wegrennen, so ist man doch sehr gewillt hinterherzulaufen... oder aber man schließt sich der Gruppe Gaffer an und läuft ins (eventuelle) Verderben...

Und @Zach ehrlich gesagt glaube ich nicht das im großen und ganzen Irgendetwas besser wird, die Armut auszumerzen ist unmöglich.
Weltfrieden? - Eine schöne Vorstellung, mehr nicht. Ich halte es sogar für möglich, dass ich Zeuge des 3.Weltkrieges werden könnte...

Ich meine die Erde ist im Grunde eine Ballungszone vieler Gruppen.

Zachrid hat gesagt…

"Ein Zyniker ist jemand der Ideale hat, obwohl er ganz genau weiß, dass man sie nicht erreichen kann." ;)

... naja vielleicht nicht erreichen, aber auf ein gesundes Maß annähern.

Anonym hat gesagt…

Ich kann nur sagen: WOW lange hat mir Niemand so aus der "Seele" gesprochen...
Als Mensch mit eher Misanthroper Einstellung neige ich gerne dazu über den/die Mensch/en "von oben herab" zu sinieren und ich finde es interessant, endlich mal genau die Gedankengänge zu lesen, die mir selbst immer durch den Kopf gehen und die ich einfach nich "zu Papier" bringen kann... (irgendwie fehlt mir einfach die Fähigkeit mich möglichst kurz, und Sinnvoll auszudrücken)
To cut a long story short,
liest sich wirklich gut, mach weiter so.