Dienstag, 9. September 2008

Spøre

Als ich heute Morgen gegen ein Uhr von einem Beisammensein unter Freunden nach hause kam, merkte ich, dass ich nicht mehr so wirklich in der Lage war noch für meine Studienarbeit etwas zu tun... Das Ergebnis resultierte in einer kurzen Runde Spore und diesem Text hier.

Bevor wir zum Thema kommen, ist ein kleinwenig Schulung in 'Zachscher Terminologie' notwendig. Ich will Euch zunächst den "Maxiseffekt" ((c) Zachrid) erklären, der sehr wichtig für das Verständnis dieses Reviews ist.

Der Maxiseffekt
'Maxis' ist seit Jahren eine führende Spielschmiede bei den Aufbauspielen und bei fast allen ihren Spielen, ist dieser Effekt vorhanden. Ihr werdet sicher schon mal Motivationskurven gesehen haben, die in diversen Spielzeitschriften auftauchen, welche beschreiben, wie sehr der jeweilige Tester von diesem Spiel über einen bestimmten Zeitraum beeindruckt ist. Der 'Maxiseffekt' stellt hierbei eine Multiplikation der gewöhnlichen 'Spielbegeisterungskurve' mit einem sehr hohen Faktor 'x' da.

Um das zu veranschaulichen hier einmal die Kurve bei einem normalen Aufbau bzw. Strategiespiel:

Und als Vergleich, die bei einem 'Maxis'-Spiel:



Wir sehen, dass Spiele von 'Maxis' einen in den Weltraum katapultieren, was die Motivation angeht, doch irgendwann kommt man an einen Punkt, an dem im Hirn ein Schalter für die Begeisterung umgelegt wird… und bei Spore passiert dieses maßgeblich dann, wenn man sich schon eine Weile im Weltraum aufhält. Dieser Schaltervergleich ist nicht untertrieben, denn es handelt um keinen Motivationsverfall, sondern man hat wirklich den Eindruck, dass sie von einem Moment auf den anderen von Aliens entführt wurde.

Ich schätze es passiert genau dann, wenn man unterbewusst zu dem Schluss kommt, dass man alles gesehen und alles gemacht hat, was das Spiel bietet. Das ist wie bei einem guten Buch, bei dem man plötzlich auf der letzten Seite angekommen ist und man sich denkt "Wie? Das war's schon?". Viele von euch werden das vielleicht von den Sims kennen. Ihr saßt da, habt auf das vollkommen ausgebaute Herrenhaus gestarrt, vor einer Sekunde noch den Lebenswandel der Bewohner mit fanatischen Eifer verfolgt... und plötzlich dachtet Euch: "Ich weiß nicht wieso, aber auf einmal will ich das Spiel deinstallieren." Das gilt für alle 'Maxis'-Spiele, die ich angetestet habe.

Und genau dieses Wissen gibt mir die Einsicht, dass ich zwar A) das Spiel bis zur Ohnmacht zocken könnte, aber B) gleichzeitig nicht wirklich davon begeistert bin.

Das Spiel
Das Spiel an sich ist eine Reihe von Minispielen und der Weltraumphase und ich muss zugestehen, das es technisch eines der ausgeklügelsten Spiele ist, die ich kenne, wenn auch das Game-Design hier und da etwas hinkt und mir an einigen Stellen viel zu simpel ist.

Ein klein wenig enttäuschend ist, wie wenig man aus den einzelnen Phasen für den Rest des Spieles übernimmt und wie wenig das eigene Verhalten Einfluss auf die Entwicklung seiner Spezies nimmt. Zwar nimmt man jeweils seine Kreatur in die nächste Phase mit und auch durch die Spielweise in der vorherigen Phase bekommt man in der Folgenden andere Sonderfähigkeiten, aber das war es schon - wenn man vielleicht noch dazu nimmt, dass andere Rassen zu Vegetariern freundlicher sind.

Ein weiterer Minuspunkt ist, dass man seine Kreatur mit jeder Mutation (in den ersten beiden Phasen und vorallem der Zweiten) ganz auseinander Rupfen kann und komplett anders wieder zusammen bauen - das fühlt sich nicht wie Evolution an. Das muss nichts Schlechtes sein, aber ich verstehe nicht wieso meine mörderischen Fleischfresser mit einem mal Tanzende Vegetarier sein können.Aber genug zu den phasen-übergreifenden problemen des Spieles, schauen wir uns die Abschnitte mal genauer an.

Die Phasen
Es gibt die Ursuppe, die Kreaturenphase, die Stammesphase, die Zivilisationsphase und die Weltraumphase. Spore bietet für jede dieser Phase drei 'Ergebnisse' die man erreichen kann 'Gut', 'Böse' und 'Neutral', je nachdem wie man sich in dieser verhält, ist das Ergebnis anders. Am Ende werden alle Ergebnisse zusammengerechnet und es ergeben sich die Fähigkeiten für die Weltraumphase.

Ursuppe: Die Ursuppe kann man als einen besseren 'Pac-Man'-Verschnitt bezeichnen. Wir schwimmen herum, sind Fleisch-, Pflanzen- oder Allesfresser und können je nach Ausrichtung gut Pflanzen oder Fleisch fressen, der Allesfresser ist ein kleiner Spagat zwischen den beiden anderen. Nebenbei bekommen wir für jede Nahrung DNA-Punkte und sammeln gelegentlich 'AddOns' auf, die wir mit einem Druck auf die Paarungstaste und genug gesammelten DNA Punkten an unsere Microbe pappen können... that's it.
Irgendwann sind wir dann so groß, dass wir auf Knopfdruck uns ein paar Beine aussuchen können und in den nächsten Level aufsteigen und werden zudem noch bewertet, wie viel Pflanzen oder Fleisch wir gefressen haben.

Kreaturenphase: Ist meiner Meinung nach eine der beiden interessanteren Phasen. Sie ist eine komplexere Fassung des der Ursuppe an Land, mit dem Zusatz, dass wir uns andere Rassen zu Freuden machen können, in dem wir mit ihnen Tanzen, Singen oder andere 'nette' Dinge machen... natürlich können wir sie auch ignorieren und stumpf fressen.
Je nachdem ob wir eine Rasse zum Freund haben, oder sie Ausrotten gibt's wieder DNA-Punkte zum Verbauen - also wieder eine Entscheidung zwischen 'Gut' und 'Böse'. Vorraussetzung für die einzelnen Sozial-Moves, sind die richtigen 'AddOns', die wir nach der Paarung einbauen können - ebenso stehen uns mit den richtigen Körperteilen verschiedene Kampfoptionen zur Verfügung. Man kann zusätzlich andere Kreaturen noch mal antanzen, um sie in das eigene Rudel aufzunehmen, welche einen dann als 'Wingmen' begleiten. Neue Bauteile gibt es für erfolgreiches "Freunde machen" oder Ausrotten und findet man auch in Skeletten, die alle drei Meter herumliegen. Sobald man genug DNA-Punkte insgesamt angesammelt und/oder verbaut hat darf man aufsteigen und Stamm sein.

Stammesphase: Mutieren ist out, es leben die Lendenschürze. Allerdings hat die Wahl der Kleidung keine relevanten Änderungen an den Stats zur Folge. Wieder einmal sind wir je nach Einstellung entweder Fleisch oder Pflanzenfresser und müssen Jäger oder Sammler spielen.
Irgendwie wirkte diese ganze Phase in meinen Augen wie ein Rückschritt, denn so viel kann man gar nicht machen. Man fängt an mit einem Dorf, einer Waffenhütte und einer Musikinstrumenten-Hütte. Man hat direkte Kontrolle über seine Dorfleute, kann neue auf Knopfdruck 'rekrutieren' und hat dann die Entscheidung, ob man andere Stämme.... Ausrottet oder ihnen etwas vorspielt und sie so zu Freunden macht - wieder 'Gut' oder 'Böse'. Für jeden abgehandelten Stamm gibt es zwei neue Hütten und man darf aufsteigen wenn man alle ... irgendwie aus der Welt geschafft oder betüddelt hat. ...wir merken ein Muster.

Zivisationsphase: Die enttäuschenste Phase, weil sie sich wieder wie ein Rückschritt anfühlt. Zwar darf man jetzt neben neuer Kleidung auch noch Panzer, Schiffe und Flugzeuge designen... Aber irgendwie wirkt die Phase wie das 'anspruchsloseste' RTS aller Zeiten.
Im Prinzip sieht es so aus, dass man einerseits seine Städte (mit drei Gebäudetypen auf ca. 5-10 Plätzen) ausbaut, damit Geld in die Kasse kommt, um dann einfach ein Armee schnell aufzubauen und alle anderen Städte auf der Weltkarte zu überrennen. Es gibt noch 'Gewürz'-Minen für mehr Geld auf der Weltkarte, aber die nimmt man im Vorbeifahren ein.
Zwar kann man die anderen Städte vermutlich auch Diplomatisch übernehmen, aber so schnell wie 12 Panzer (=sehr viele) gebaut sind, ist das irgendwie... witzlos. Sobald man genug Städte und genug Geld hat, bekommt man (egal mit welchem Rassenbonus) zwei Mega-Fähigkeiten. Die eine übernimmt eine Stadt sofort und die andere ist... nun ein 'I-Win'-Button, sobald man den drückt werden alle anderen Städte übernommen und man hat Phase abgeschlossen. Ich war sehr überrascht als ich den Knopf das erste Mal probeweise gedrückt hatte.

Weltraumphase: Die Weltraumphase ist das einzige was man wirklich als richtiges 'Spiel' an Spore bezeichnen kann. Waren die vorherigen Phasen ein in die Länge gezogener Charaktereditor, ist man jetzt in einer (wirklich riesigen) Galaxis angekommen die es zu besiedeln gilt. Man kann mit anderen Völkern handeln, Planeten besiedeln, Terraformen und und und. Generell sieht es so aus das man ein Schiff hat, und von Planeten zu Planeten fliegt wo man seine Kolonien hat, um dort das in der vorherigen Phase eingeführte Gewürz zu ernten und dann auf Welten mit einen Hohen Kurs zu verkaufen. Von dem Geld kann man Raumschiffaustattung, bessere Waffen, Koloniemodule und anderen Kram kaufen.

Am interessantesten ist hierbei noch das Terraformen eines Planeten. Man versucht mit vier (Grund-)Tools die richtige Atmosphärendichte und das richtige Klima auf den Planeten herzustellen und importiert dann Pflanzen und Tiere aus anderen Welten, die man dort herunterbeamt. Mit ein wenig Zeit kann man so zusehen wie der graue Ball sich unter einem in eine grüne Welt verwandelt.

Das nervige hierbei ist allerdings, dass man alles alleine machen muss. Zwar kann man später auch (neben den Popelkanonen der Städte) auch noch richtige Verteidigung auf seinen Planeten bauen. Aber im Prinzip muss man jeden Handgriff selber machen:
Mann muss zu jedem Planeten hinfliegen, dort das angesammelte Gewürz selbst abholen, die Preise checken ob man bereits eingeladenes Gewürz teuer verkaufen kann. Man muss jeden Piratenangriff verteidigen, jede Invasionsstreitmacht abwehren, jede Ökokatastrophe selbst abwenden, jedes verdammte Haus, in jeder verdammten Kolonie, jedes verdammten Planeten in jedem verdammten Sonnensystems bauen und dabei zu jeder Stadt selbst hinfliegen... und natürlich auch wieder neu aufbauen wenn irgendwer die Häuser kaputt gemacht hat.

Es gibt keine Übersichtskarte.

Dazu kommt noch die Tatsache, dass das Spiel teilweise SEHR nervtötend sein kann, wenn man gerade in Ruhe einen Planten Terraformen will und schon wieder irgendeine Rasse am anderen Ende des Imperiums, in die eigenen Kolonien einfällt. Man hat Phasen in denen man nicht einmal sein Gewürz verkaufen kann, weil alle 30 Sekunden nach Beendigung eines Ereignisses sofort das nächste auftaucht. Das Beste ist es, hierbei Frieden zu halten und alle Piratenangriffe zu ignorieren (die stehlen nur und zerstören nicht).

Man muss aber sagen, dass bist auf die Unübersichtlichkeit und die Tatsache, dass man wirklich jeden Handgriff alleine machen muss, die Phase relativ mitreißend ist - wenn man für so etwas zu haben ist. Dennoch hätte eine Automatisierungsfunktion, oder zumindest eine bessere Planetenübersicht in der Galaxieansicht dem Spiel gut getan, so dass man nicht für jeden Kinderkram das die System betreten muss.

Und hier sehe ich auch die Gefahr für den 'Maxiseffekt'. Sobald man nämlich jedes Gimmick, jedes Planetenfärbungstool, jedes Planetenformungstool und allen Schnickschnack gefunden und einmal ausprobiert hat... wird das Spiel abrupt langweilig werden. Spätestens dann wenn man die lose Kampagne, über eine übermächtige Alienrasse Grox gelöst hat und das Reich so groß ist, dass man absolut keine Übersicht mehr hat. Es kann sein, dass es noch Tools und Boni gibt, die bei der Logistik etwas helfen, aber ich kann mir vorstellen, dass viele Leute vorher die Lust verlieren.

Ein etwas kleinere Minuspunkt ist, das in Spore während des Spieles einige Dinge wie z.B. das wichtige Terraformen nicht wirklich in den Tutorials erklärt werden ... sind aber nachzulesen.

Fazit
Spore macht Spaß und Spore kann lange fesseln, dennoch glaube ich, dass bei vielen Leuten nach 3-5 Mal spielen, oder einer richtig langen Kampagne die Luft raus sein wird und das Spiel von der Festplatte verschwindet. Spore ist allerdings faszinierend, wenn man überlegt, was man alles mit den Kreatureneditor, Fahrzeugeditor und den Planeten anstellen kann und wie viele Planeten und Wesen es gibt - aber das alleine sind keine Argumente für ein gutes Spiel.

Ich gebe keine Zahlen an, sage aber gleich dass Spore vermutlich einige Leute nicht lange begeistern kann. Es wird genau so laufen wie bei den Sims, einige werden es bis zum umfallen zocken, andere werden es nach einigen Tagen, Wochen oder Monaten in die Ecke schieben. Grafisch gefällt mir der Stil, auch wenn Spore sich nicht nur mit dieser Optik sich eindeutig in die Sparte der 'Kinder und Frauengames' schiebt. Audio bewerte ich niemals, es sei denn es fällt mir besonders positiv oder negativ auf... es sei nur so viel gesagt - ich bin mit diesem Hymnendesigner völlig überfordert. Das Gameplay ist ein auf und ab, krankt aber dann in der finalen Phase an Automatisierungsmöglichkeiten, der Übersicht und Zufallesevents passieren teilweise zu häufig. Die Performance ist atemberaubend, ich denke jeder der einen Rechner noch aus diesem Jahrtausend hat, kann sich das Spiel kaufen und es in einer akzeptablen Geschwindigkeit spielen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich kann dir, was den "Maxiseffekt" angeht, zwar nur zustimmen, aber irgendwann und irgendwie hat sich dann doch jedes dieser Spiele wieder mal auf meine Festplatte verirrt und mir nochmal für eine Weile eine Menge Spaß gemacht.
Das Gamedesign von Spore lässt - wie schon von vielen kritisiert - an einigen Stellen zu wünschen übrig, und was die von Dir genannten Schwachstellen in der letzten Phase angeht, kann man nur hoffen, dass "die Community" das auf Dauer ähnlich sieht und man auf selbige hört. Derzeit funktionieren allerdings weder die Webseite, noch das offizielle Forum.