Montag, 14. Juli 2008

Krawatten die binden

"The Suffering - Ties that bind" ist nun drei Jahre alt, da ich aber damals den ersten Teil der Serie gemocht habe, kam ich nicht um hin auch den zweiten zu testen. TTB leidet spürbar unter dem "ungewolltes Zweitkind"-Syndrom. "The Suffering I" war ein Spiel, dass in sich geschlossen war, es hatte ein gutes Ende das etwas offen ließ - aber nicht genug für eine Fortsetzung. Und hier fangen die Probleme an.

Über Torque:
Wir spielen (wieder) Torque, einen Mann der im Prinzip das Latino-Crosover von Marv aus SinCity und dem blutbeschmierten Unterhemden von John McLane ist. Torque wird beschuldigt Frau und Kinder ermordet zu haben... und er hat das vielleicht auch getan... oder auch nicht... oder vielleicht doch... das ist alles irgendwie im Fluß.

Über den Ersten Teil:
Im ersten Teil geht es darum von einer Gefängnisinsel zu entkommen, auf der wortwörtlich die Hölle ausgebrochen ist. Man selbst kommt gerade im Todestrakt an, ist angeklagt des Mordes und kurz nachdem die Tür hinter einem zufällt zeigt sich der "Engel der Freiheit", in Form von mordlüsternen Bestien. Diese bringen alle Wärter um, reißen die Zellentür auf und sehen so aus, als hätte sie "Pinhead" als kleiner Junge unter dem Bett versteckt gehabt. Man brauch nicht viel zu erklären, denn das Spielziel "WEG HIER!" ist unübersehbar.
Im weitern Spielverlauf eröffnen Zwischensequenzen und Dialoge dem Spieler Stück für Stück was diese Monster sind (oder auch nicht) und wer wirklich Torques Familie ermordet hat (oder auch nicht).

Insgesamt war "The Suffering I" sehr packend. Alles passte, die Monster, die auftauchten konnte man auf Grausamkeiten zurückführen, welche auf der Insel passiert waren und ebenso wird die Psyche des Protagonisten langsam aufgeblättert... zumindest tiefer, als man das für ein westlichen 3rd-Person-Shooter erwarten kann. Zumindest hat Torques Vergangenheit mehr Höhen und Tiefen, als die beiden mit denen Lara Croft sich auszeichnet... Es wird sogar die Tatsache erklärt, warum man sich immer mal wieder (passenden Bodycount vorausgesetzt) für kurze Zeit in eine Hulk-ähnliche Bestie verwandeln kann, welche alle Monster mit zwei Schlägen auseinander nimmt... Hey, bei Lara wurde zumindest nie erklärt ob 'die' wirklich echt sind.

Die Storyline zieht einen daraufhin über die ganze Insel und die Boni, die während des Spieles freigeschaltet werden, geben sogar nochmal Hintergrundinformationen zu Orten, Monstern und Geschehnissen, was das ganze erst richtig stimmig macht.

Über das eigentliche Thema:
Das Gleiche wurde bei "TTB" versucht, wenn gleich auch viel liebloser. Die Grundidee und das Spielerlebnis ist prinzipiell das Selbe und die Grafik ungleich schicker. (Pluspunkt) Doch stellenweise hat man den Eindruck, die Entwickler haben versucht einen Nachfolger zu machen, in dem sie die Restfarbe aus dem Topf des ersten Spieles kratzten. Das soll nicht heißen, dass das Spiel schlecht ist... es ist nur akzeptabel und, für Spieler die den ersten Teil nicht kennen, verwirrend. Es kommt von der Stimmung einfach nicht an den ersten Teil heran und es wirkt wie ein etwas liebloser Aufguss. (Minuspunkt)

Das Spiel fängt da an wo der erste Teil aufhört (Pluspunkt) und das nächste was passiert, ist dass man von einem Special Ops Kommando als 'Prime Target' bezeichnet und anschließend festgenommen wird. Wir finden in der folgenden Sequenz heraus, dass diese Söldnertruppe, deren ABOLUT UNAUFFÄLLGES Logo mich die ganze Zeit an das SG-1-Logo erinnert hat, einer mysteriösen "Foundation" angehört, welche Proben auf der Insel sammelt und wir dabei die "Probe Nummer Eins" sind. Es kommt wie es kommen muss: Festgeschnallt wie Hannibal Lecter gehen mitten im Verhör die Lichter aus, unsere alten Monsterfreunde hacken die Söldner in unserer Gegendwart zu Brei und wir kommen durch Zufall frei - wer hätte es gedacht...

(Vielleicht gab es Hinweise im ersten Spiel auf diese Söldnertruppe, doch im ersten Teil war keiner dieser Leute wirklich zu sehen (Minuspunkt). Zudem wird nie erklärt warum man so etwas blödes tun sollte, wie Dämonen zu sammeln. Aber nun... für die Forschung wohl.)

Lange Rede kurzer Sinn:
Killermonster, schwer bewaffnete Söldner (von denen einer Daniel Jackson sein könnte, ich konnte der Serie nie was abgewinnen...) und ein Gangsterboss namens Blackmoore, der uns im Vorspann schon über den Weg gelaufen ist - wir haben unsere Feindbilder vor Auge. Doch all diese Fakten in den ersten 10 Minuten des Spieles herunterzurattern fühlt sich ein wenig gestellt an. (Minuspunkt) Es werden so viele Tatsachen und so viele neue Protagonisten ins Feld geworfen, dass man sich als Spieler sehr gut vorstellen kann, wo die Reise enden wird. Der 'Bist frei, jetzt überleb'-Aspekt der den ersten Teil so interessant gemacht geht da völlig unter und es fühlt sich an als würde man die Idee des ersten Teiles über die Planke gehen lassen. (Minuspunkt)

Die Atmosphäre:
Ein weiteres Manko ist, dass man im ersten Teil das Gefühl hatte von tatsächlich "A" nach "B" zu gelangen, man wurde mit neuen Levels und anderen Örtlichkeiten überrascht, die aber alle in das Bild der düsteren Gefängnisinsel passen. "Ties That Bind" bietet nur die Stadt von Baltimore in ähnlichen Facetten und Innenansichten der örtlichen Haftanstalt - viel anderes dazwischen gibt es nicht.

Das ganze lässt das Spiel (trotz ein zwei Auflockerungen) etwas eintönig erscheinen und statt den Eindruck zu haben, man bewege sich wirklich durch die Stadt, folgt man einer linearen Abfolge von Räumen in dem man Monster über den Haufen schießt. (Minuspunkt) Das Ganze ist ein wenig vergleichbar mit 'Half-Life: Episode 1' wenn auch nicht ganz so enttäuschend, da hier nicht die Level aus dem Orginalspiel 'rückwärts gefrühstückt' werden. Darüber hinaus wirkt die Geschichte die sich nun um das Drama mit Torques Familie herum entwickelt etwas aufgesetzt und man muss manchmal schwer überlegen, ob dass was man nicht im ersten Teil herausgefunden hatte, jetzt für null und nichtig erklärt wird... oder auch nicht.

Das Gameplay:
The Suffering I war bereits stark actionorientiert, dennoch gab es immer wieder Sequenzen in denen man nicht weiterkam, ohne sein Hirn ein wenig zu benutzen und mal etwas anderes zu tun außer auf alles zu schießen was nicht-menschlich ist. Bei TTB kann ich gerade zwei Stellen nennen, bei dem die Interaktion mit der Umwelt über 'Hebel öffnet Tür' oder 'Schiebe Kiste zur Seite um hinauf zuklettern' hinaus geht. (Minuspunkt) Hier heißt es 'draufhalten', wenn man mal nicht weiter kommt, die nächste Tür öffnet sich automatisch, sobald alle Monster in einem Bereich erledigt sind. Es gibt eine Rail-Shooter-Sequenz im Spiel, in der man ein MG auf der Ladefäche eines LKWs bedient, was das ganze etwas auflockert - aber meine Güte welches Spiel hat heutzutage so etwas nicht?

Stellenweise erfreut sich TTB einem geradezu unfairen Schwierigkeitsgrad (Minuspunkt), meistens wenn einem die Munition ausgeht und man gerade die Hälfte aller Gegner geschafft hat. Schließlich ist man kein Gordon Freeman und kann nur zwei Waffen mitnehmen (Pluspunkt) und auch die Kugeln der noch umherliegenden Waffen sind oft schnell verbraucht. Trotzdem kann man oft die Monster nicht umgehen, was in diesem Fall angebracht gewesen wäre.

Zusätzlich wird dieses ab und an noch erschwert:
Es gibt Stellen an den man, um weiter zu kommen, in die Monsterform wechseln muss um eine Wand aufzubrechen. Dann steht man da, kugellos, ohne Nahkampfwaffe, man hat nur noch den Pistolengriff, mit dem man zuschlagen kann, kaum Schaden macht und man muss noch drei Monster töten um sich verwandeln zu können... und diese Monster haben meistens einen Attacke drauf die Ordentlich weh tut. (Dicker Minuspunkt). Ein fester Nahkampfwaffenplatz hätte dem Spiel da sicher gut getan.

... So kommt man an solchen stellen zurück zur guten alten 'Monster Tot = Quicksave-Taste' Routine zurück. Einzig erleichtert wird es dadurch, dass man sich langsam bis auf ein 1/4 der Lebensenergie hochheilt, wenn man lange genug keinen Schaden bekommt (kleiner Pluspunkt).

Etwas das sich deutlich Positiv verbessert hat, ist dass die NPCs, die einen begleiten (im Gegensatz zum ersten Teil) nicht mehr sterben können außer durch die eigene Hand. Das erspart deutlich Frustmomente, da das Retten dieser für das Moralsystem ausschlaggebend ist.... nun 'Unsterblich' wenn man davon absieht, dass diese Unsterblichkeit nicht für Headshots gilt den einige Monster den NPCs verpassen können. So ist es an einer Stelle sehr schwer, den Gefängniswärter am Leben zu halten. (Insgesamt ein leichter Minuspunkt)

Ach ja, das Moralsystem. Je nachdem ob man sich im Spiel verhält wie ein Psychopathischer Killer oder ein blutbeschmierter Engel hat Auswirkungen auf die Zwischensequenzen und einige Spielmomente und Mechaniken. Im Prinzip bleibt das Spiel aber das gleiche. Das auffallendste mag sein, dass ein Bossgegner ein anderer ist und die Monsterform sich optisch verändert.

Gibt es noch was... mhh... ach ja:
In der Deutschen Version ist das Spiel (ebenso wie der erste Teil) gekürzt.

Fazit:
Ich empfehle jedem der den ersten Teil etwas abgewinnen konnte das Spiel. Leute die den ersten Teil noch nicht gespielt haben, sollten zuerst zu diesem greifen.

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