Mittwoch, 9. Juli 2008

Sins Of A Bad Gamedesign

Ich bin ja ein Fan von RTS-Spielen.
Nicht das ich Talent dafür hätte, sie machen mir einfach Spaß.
Zugegeben, vor allem wenn es im Netz gegeneinander geht, habe ich nur Chance gegen andere ‚Boons’ und selbst mit manchen knackigen Singleplayer-Missionen tue ich mich schwer, aber eben das macht ja gerade die Herausforderung aus. Insbesondere bei Warcraft 3 habe ich nie verstanden, wieso mein Gegenüber es so oft schafft, meine Armee innerhalb weniger Sekunden, in einen Haufen EXP für seinen Helden zu verwandeln. Da ich mal wieder etwas Neues testen wolle, kam dazu mir "Sins Of A Solar Empire – Real Time Strategy, Unrivalled Scale" auszuleihen.


Moment…
So schnell geht es nicht, erstmal ein kleiner Exkurs, mit wem wir es hier überhaupt zu tun haben.

Über Stardock:
'Sins'
wird von 'Stardock (Entertainment)' pubished und wurde von dessen in-house Developer 'Ironclad Games' entwickelt. Stardock war ursprünglich eine Firma, welche Anwendungssoftware für OS/2 entwickelte. Da OS/2 viel zu schnell seinen Niedergang antrat und heutzutage vermutlich nur noch in den Weiten der Sahelzone genutzt wird, hat sich die Firma darauf verlagert, viele Programme (mit zweifelhaften Nutzen) herauszubringen, welche den eigenen Windows-PC schöner machen sollen. Irgendwann in den letzten Jahren kam es dann zu einer interessanten Entwicklung:
Es muss einem der Chef-Entwickler zu viel geworden sein, andauernd Desktop-Verschönerungsprogramme zu entwickeln und er ist auf die Idee gekommen, man könne doch anfangen Spiele herzustellen, da man doch schon so viel Erfahrung bei Programmen ohne praktischen Nutzen habe.

Über 'GalCiv 2':
Angefangen hat das ganze mit 'Galactic Civilizations I und II', wovon ich zumindest letzteren in meinen Händen hielt und sich dieser daraufhin als ein sehr ambitionierter 'Masters of Orion II'-Klon herausstellte. Trotzdem gab mir GalCiv 2 keine rechte Langzeitmotivation. Irgendwann - wenn auch recht spät im Spiel - dämmerte es mir, dass es selbst für ein 'Large Scale Strategy Game' verflucht lahmarschig war. Es brauchte Ewigkeiten, um in diesem Spiel irgendeinen spürbaren Fortschritt zu erreichen und das ganze spielte sich, von Anfang bis Ende, wie ein Klumpen Teer.

Dazu kommt, dass ich irgendwann Raumkämpfe vermieden habe, denn ganz im Gegenteil zu 'Masters Of Orion 2', hat man dort keinen Einfluss auf Raumschlachten. Man kann nur teilnahmslos zusehen, wie die Schiffe umeinander kreisen, bis schließlich eine der beiden Seiten Weltraumschrott ist. Dieses macht eine aggressive Befreidung der Nachbarvölker uninteressant und stattdessen wählte ich die andere Methode, feindliche Welten zu übernehmen. Das sah so aus, dass ich so viele Entertainment-Spacestations, welche meine Kultur verbreiten sollten, neben den ‚zu übernehmenden’ Planeten in dem Weltraum pflanzte, bis die Einwohner des selbigen unter dem Bombardement der Klingelton-Werbespots den Verstand verloren, ihre Rassenzugehörigkeit einfach vergaßen und meinem großen Jamba-Imperium beitraten.

Warum ich hier erst einmal über 'GalCiv 2' rede?
Ganz Einfach: 'Sins of a Solar Empire' wiederholt einige derselben Fehler, und bietet ähnliche Möglichkeiten wie 'GalCiv 2'. Nur wurde bei 'Sins' die Komplexität auf ein RTS-freundliches Niveau heruntergeschraubt, was die Designfehler viel schneller offensichtlich werden lässt.

Um es auf den Punkt zu bringen:
Das Spiel ist strunzenlangweilig.

Über den Spieleindruck:
Wenn man erst einmal alle Möglichkeiten herausgefunden hat, die einem das Spiel bietet, passiert nichts wirklich Interessantes mehr. Punkte wie "Diplomatie", "Handel" und ähnliche, die in einem rundenbasierten Spiel noch etwas motivieren können, sind hier auf ein Minimum heruntergekürzt oder wurden ganz herausgenommen...
und trotzdem hat man das Gefühl, man spiele kein Echtzeitstrategie-Spiel sondern ein rundenbasiertes Spiel, dass einem nicht erlaubt den aktuellen Zug abzukürzen....
Bzw. Es gibt schon eine "Zeitraffer-Taste", dennoch... Es drängt sich mir sogar der Eindruck auf, dass 'Sins' ein abgespeckter Nachfolger von 'GalCiv 2' werden sollte, aber dann irgendwer aus der Marketingabteilung (mitten in der Alpha-Phase) alle Entwickler davon überzeugte, ein RTS würde sich besser verkaufen.

Egal was man in diesem Spiel tut, man hat das Gefühl, als ob gesamte, eigene Imperium von ehemaligen Beamten der Deutschen Post geschmissen wird, welche eigentlich schon seit zehn Jahren in Rente sind und gerade nichts Besseres zu tun haben. Also Zeitraffer...
Ganz egal was man macht, sei es eine neue Technik erforschen, ein Schiff zu bauen oder einer Flotte zu sagen sie soll von "A" nach "B" fliegen dauert im Regelfall so lange, dass man in einer Multiplayerpartie in der Zwischenzeit die neuste C't auf dem Klo auswendig lernen kann. Da kein Zeitraffer...
Man hat nicht mal die Möglichkeit, mehr als eine Schiffswerft von jeder Art in einem Planetenorbit zu bauen, sondern muss die 'Rally-Points' von Schiffswerften anderer Planeten in das System, in dem man gerade seine Flotte sammelt, setzen. Wobei es hier wiederum eine Ewigkeit dauert, bis die Schiffe überhaupt ankommen. Wieder Zeitraffer...

Über riesige Spielfelder:
Im Übrigen läuft das ganze Spiel nur innerhalb dieser Planetenorbits ab, nirgendwo anders. Dort baut man eine von zwei verschiedenen offensiven oder passiven Verteidigungsanlagen, seine zwei Werften, seine zwei Forschungsstationen (je mehr man von einem Stationstyp hat, desto tiefer darf man im jeweiligen Techbaum forschen), seine zwei Asteroidenminen oder seine zwei Sondergebäude, bla, bla, bla.
Es gibt kein "zwischen den Planeten". Wenn man mit jemanden kämpft, macht man das zwangsläufig direkt an oder in der Basis von irgendjemanden oder in einem unerschlossenen System. Einen Gegner zu flankieren ist ebenfalls nicht möglich, da die Planeten durch "Weltraum-Straßen" verbunden sind, über die (und nur die) man in Sekunden von einem Orbit zum nächsten springen kann. Hat man alle Wege in sein Imperium hinein gesichert, weiß man durch welche "hohle Gasse" der Gegner kommen wird... Angeblich gibt es nachher irgendeine Technik die man erforsche kann, welche einen zu Wurmlochsprüngen verhilft, aber bevor ich genau herausfinden konnte wie das funktioniert hatte ich das Spiel schon deinstalliert.
Die gepriesene 'Unrivalled Scale' ist eher Witz, wenn ohnehin nur um die Planeten herum etwas passiert. Sicher man kann unzählige Planeten auf einem Spielfeld haben… aber ernsthaft, das wollt ihr nicht.

Über den Kampf:
Aber! Die Programmierer haben sich etwas Tolles einfallen lassen, damit man sich nicht am einzigen Ausgang seines Sternenimperiums verbarrikadiert und sich so auf ewig einbunkert:
Auch wenn das Spiel (trotz des Weltraum-Settings) sich in einer 2D-Ebene abspielt, es gibt keine Kollisionsabfrage.

Jap, richtig.
Das einzige was aussieht wie eine Kollisonsabfrage ist die Tatsche, dass die Schiffe seitlich um einen Planeten herumfliegen anstatt drüber. Man steht als Verteidiger, bei jedem Angriff, vor der Frage welche der Schiffe - die gerade durch die eigene Flotte "durchgeflogen" sind – man als erstes abschließt... die Bomber, welche den Planeten in Schutt und Asche legen oder die Schiffe, welche die Raumwerften auseinander nehmen?
Natürlich fliegen die Schiffe nicht wirklich durch andere hindurch… nur haben sie kein Problem damit, einfach über ein gegnerisches Schiff in einem schmalen Bogen hinweg oder drumherum zu fliegen, was den gleichen Effekt hat, als bestünden diese aus Luft.

Jede RTS-Strategie, wie jemanden in den Rücken fallen oder Einheiten mit passenden Konterneinheiten aus der Ferne zu eliminieren erübrigt sich…

Moment… Das ist nicht richtig:
Einfach JEDE Art von RTS-Strategie erübrigt sich, wenn man einfach durch den Gegner hindurchfliegen kann. Nur einige Schiffstypen haben die Möglichkeit andere Schiffe von sich weg zu schieben, aber das geht auch nur manchmal gut.

Aber! Das Manko der fehlenden Kollisionsabfrage wird durch etwas anderes ausgeglichen:
Man hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass man seine Flotte unter Kontrolle hat und somit hat der Gegner das wohl auch nicht.
Ein Klick zum Bewegen, lässt die Schiffe auf großen Bögen "in etwa" zum eigentlichen Ziel hinschaukeln. Angekommen am Zielort, beginnen diese dann sofort im Weltraum lustig in alle Richtungen auseinander zu diffundieren, aber das macht nichts – schließlich sind, wie wir gesehen haben, Formationen in diesem Spiel ohnehin für den Arsch.

Hinzufügend möchte ich erwähnen, dass diese im Endeffekt dazu führt, dass man irgendwann mal eine gigantische Armee zusammenzieht und mit einer unschlagbaren Riesenflotte eben einmal alle Planeten 'säubert' die dem Gegner gehören.

Raumschiffe brauchen übrigens meistens eine Ewigkeit, um sich in die passende Flugrichtung zu drehen, wohingegen das Beschleunigen und abbremsen ungleich schneller geht. Sagt man einer Gruppe von Schiffen, sie sollen alle gemeinsam ins nächste System springen, dauert es teilweise Minuten bis endlich alle Schiffe zum Sprung bereit sind… da sie sich ja -auf einmal- zu eine ach-so-nützlichen Formation sammeln müssen, die im nächsten Orbit innerhalb von fünf Sekunden wieder aufbricht. Jaaaa... es gibt die "Zeitraffer-Taste" - aber macht ein RTS das eine "Zeitraffer-Taste" braucht nicht irgendwas falsch?

Über Übersicht im Kampf:
All das führt dazu, dass jeder Raumkampf, bei dem mehr als acht Schiffe beteiligt sind, zu einem großen unübersichtlichen Klumpen aus verschiedenfarbigen Schiffen mutiert, in dem man absolut den Überblick verliert und welcher sich ohne eigenes Zutun durch den halben Orbit verteilt. Man weiß in diesen Situationen nicht, welches Schiff jetzt eigentlich noch mal wo war, kann nicht sagen wer jetzt am besten wen angreift und welche Truppen man wo hingeschickt hatte. Spezialfähigkeiten der Schlachtschiffe stellt man schon nach dem ersten Kampf alle auf "auto", weil man keine Chance hat diese in einem Kampf vernünftig per Hand zu benutzen. Auch hat man keine Möglichkeit Schiffe als Schußfang abzustellen und andere in den als Artillerie in den Hintergrund zu bringen. Das einzige was man machen kann, ist ein Schlachtschiff ins "Focus Fire" zu nehmen (was Jäger- und Bomberstaffeln übrigens grundsätzlich ignorieren) und zu hoffen, dass es schneller Kaputt ist als die eigenen.

Über das Terrain:
Wie alle RTS Spiele die im Weltraum spielen, krankt ‚Sins’ nicht zu letzt daran, dass es kein Terrain gibt nur die Leere des Weltraumes. Dabei hätte man zumindest versuchen können etwas wie ‚Weltraumnebel’, oder ‚Anomalien’ oder ‚gefährliche Asteroidenfelder’ einzubauen. Hat man aber nicht.

Über Übersicht im Imperium:
‚Sins of a Solar Empire’ rühmt sich damit ein RTS zu sein, dass in einen sehr großen Maßstab besitzt und genau das ist sein Hauptproblem. Nicht nur das ich bei den Kämpfen die Wahl habe zwischen „Ich sehe nur 5%“ meine Flotte oder „Ich habe einen unübersichtlichen Blob aus Schiffsymbolen, der schon das richtige Machen wird“, man hat keine Möglichkeit gewissen Prozesse zu Automatisieren. Irgendwann bei MOO2 kam immer der Augenblick, wo man einfach die Bauaufträge der Planeten den PC übergab, weil man sich nicht mehr um jedes Gebäude einzeln kümmern wollte, was auf irgendeinem x-beliebigen Planeten gebaut werden sollte. Sins bietet diese Möglichkeit gar nicht, egal wie sehr man bettelt, man muss bei jedem Planeten die Ausbauten selbst anklicken. Zwar kann man irgendwann die Welten, bei denen ohnehin kein Feind auftaucht vernachlässigen… aber das fühlt sich für mich so an, als würde ich das Potential der ‚hinteren Welten’ nicht richtig nutzen. Wenn ich am Ende dutzende Planeten habe muss ich z.B. bei jedem einzeln die neu erforschten Tradeposts setzen, um mehr Kohle zu erhalten oder bei allen Planeten die Werften haben, erneut das System anwählen, einen neuen Rally-Point setzen und neue Bauaufträge vergeben.

Ein weiterer Punkt der bei Sins nervt ist das Interface, zwar gibt es links eine Drop-Down-Leiste, die mir diePlaneten anzeigt… aber diese wird irgendwann so lang und unübersichtlich, dass es schneller ist ganz rauszuzoomen, sich den passenden Planeten im Minimal-Zoom heraussuchen und dann wieder ganz reinzuzoomen, um dort seine Befehle zu geben. Etwas wie eine separate Minikarte als Gedächtnisstütze, welche Planet noch mal wem gehört, oder anzeigt wo gerade jemand angegriffen wird fehlt völlig. Und eine Herstellungsleiste wie bei C&C ist noch nicht mal in die Nähe dieses Spieles gekommen.

Über das Fazit:
„Sins of a Solar Empire“ beinhaltet gute Ansätze… endet aber in einem langweiligen, unübersichtlichen und unkomfortablen RTS, dass alle geflissentlich alle Komponenten vernachlässigt hat, die man von einem Echtzeit Strategiespiel erwartet. Ich rate jedem, der es in Erwägung zieht (zog) dieses Spiel zu kaufen, entweder den neusten C&C Teil zu spielen oder sich ein gutes, rundenbasiertes Strategiespiel zu holen (HOMM5).

In diesem Sinne,
...bald auch mit Screenshots für die Lesefaulen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo ich wollte nur einmal schreiben, dass das was du geschrieben hast, teilweise sehr übertrieben ist.
Ich gehe dabei einfach mal die Punkte ab die mir gerade durch den Kopf gehen, so z.B. ist es eben schon möglich das Feuer auf eine Einheit zu ziehen. Dafür braucht man aber eben die passenden Fähigkeiten für die Großkampfschiffe.
Weiterhin ist es zudem nicht richtig, dass nur eine Werft pro Planet gebautwerden kann, sondern man muss Bauplätze erforschen.
Anomalien usw. gibt es zudem sehr wohl in dem Spiel, allerdings stimmt es das sie eher geringe Auswirkungen auf durchfliegende Schiffe haben. Dass sich deine Formationen der Schiffe auflösen liegt außerdem wohl daran, dass du keine Flotte gebildet hast und somit auch nicht einstellen kannst ob die Flotte stationär sein soll.
Auch ist nicht korrekt, dass man keine Long Range und Nahkampfschiffe hätte. Jedes der drei Völker besitzt eine Palette an Schiffen die sich nach dem Schere Stein Papier Prinzip aushebeln und einige spezial Schiffe.

Zustimmen kann ich dir bei den Schalchten, die sind wirklich etwas durcheinander. Das lässt sich allerdings durch vorheriges gruppieren usw. lösen.

Insgesamt kann man dann wohl eher sagen, dass das Spiel wirklich sehr interessant gestaltet ist und durch die von klein bis überdimensional einstellbaren Karten immer wieder abwechslung bieten. Allerdings ( und DAS finde ich gut ) dauert alles seine Zeit. Also ist dieses Spiel nichts für Rusher

Zachrid hat gesagt…

In der Version die ich hatte konnte man durchaus auch mehr Schiffswerften _des gleichen Typs_ bauen, doch war es mir unmöglich in zweien davon gleichzeitig zu produzieren, wenn sie im gleichen Sternensystem lagen, noch schien die Produktion in der einen schneller zu laufen.

Vielleicht war ich zu ungeschickt da irgendeine Option in den Untermenüs zu finden, aber in der zweite Schiffswerft konnte ich nicht unabhängig produzieren... und eine Fabrik zur Show zählt nicht für mich.

Dann - es tut mir leid - aber eine Fähigkeit in einem Großkampfschiff, dass die das Feuer auf sich zieht, als Ersatz dafür, dass ich bei allen anderen Spielen einfach beliebige Einheiten zwischen meine Artillerie und den anrückenden Gegner schieben könnte ist absolut mager. Genau so wie diese 'Pushback'-Fähigkeit mancher Spezialschiffe auch nur auf gut Glück einzusetzen war.

Ein weiterer Punkt von mir ist, dass Formationen in diesem Spiel überflüssig sind, nicht dass sie sich nicht gebildet hätten. Wieso soll ich denn Formationen bilden, wenn es so oder so egal ist wo welches Schiff steht, solange nur alle in Reichweite sind? Damit es schick aussieht?

Und - Sorry - aber ich konnte keine wirkliche Verbesserung durch die Gruppierung und Flottenbildung feststellen... Es sei denn natürlich du meinst ich hätte Gruppen bilden sollen, denen ich dann immer wieder mit wilden Klicken sage "Nein ich Schwachköpfe sollt genau hier schweben bleiben!" - das habe ich getan.

Richtig, dieses Spiel ist kein Rusher-Spiel, sondern es ist ein 'Baue eine gigantische Armee und erledige dann alles in einem Abwasch'-Spiel.