Donnerstag, 7. August 2008

Rezession: Hörbuch "Charlotte Roche - Feuchtgebiete" ... und Whisky

Es begab sich zu der Zeit, die sich von meinem momentanen Standpunkt aus am besten als 'Vorgestern' beschreiben lässt, dass ich mir zwei Hörbücher von einem Freund entlieh, beide gelesen von ihren jeweiligen Autoren. Es sei gesagt, dass ich immer ein wenig Ablenkung bei der Arbeit am Rechner brauche und ich einfach etwas anderes versuchen wollte, anstelle einen meiner drei üblichen Radiostreams einzuschalten.

Charlotte Roche, die sich seit geraumer Zeit 'Rouhsche' (oder so) spricht, hat also ein Buch veröffentlicht. Und vorgelesen hat sie es auch selbst. Ich schaute mir also nochmal 'Ich bin dann mal Weg' von Harpe Kerkeling an, dachte mir "Das Beste zum Schluss" und legte die 'Feuchtgebiete' in meinen CD-Player ein.
Gut ich muss zugeben, dass ich vorher schon dachte, dass man da nicht viel erwarten könne. Schließlich war Charlotte 'Rhouhsche', schon unlängst durch diese 'Flaschendrehen-Show', bei mir im Niveau-Dunstkreis der 'Jerry-Springer-Show' angekommen.

Doch: "Nun gut," so dachte ich "die Frau kann sich nicht hoch geschlafen haben, also also muss sie irgendwo doch Talente haben". Schließlich musste man bei dem Anblick dieser Person, zu manchen Zeiten, eher an zwei Langhaardackel denken, denn an eine Frau meines Alters... welche -für mich- zudem den charismatisch-personellen Tiefpunkt, des ehemaligen Musiksenders 'Viva Zwei' (noch hinter den 'Rinnstein Kids' aus der 'Zwobot Show'), dargestellt hatte. Wenn also das eben nicht ihre Talente waren "...kann das Hörbuch nicht soooooooooo schlecht sein" so grübelte ich im Vorfeld weiter.

Oh, welch' verflucht fatal frappide Fehleinschätzung!!!

(Ich bin mir im Nachhinein sicher, dass dieses Buch zu Testzwecken Pferden vorgespielt wurde, welche anschließen alle danach zwangserschossen werden mussten.)

Zunächst sei etwas über ihren Vorlesestil zu sagen:
*räusper* "Sie hat keinen."

Zu den Dingen, die diese Frau nicht kann, gehört eindeutig das Vorlesen. Ich habe in meiner Schulzeit, in der Unterstufe, mehr Können aus dem Mund meiner Mitschüler/innen gehört, als aus ihrem. Sie schaffte es fast fortwährend so zu klingen, wie einer dieser 'emotionslosen' Roboter aus den B-Movies der 50er und 60er Jahre.
Nachdem (nach den ersten 30 Sekunden) mein Blick etwas ungläubig auf die Anzeige des Cd-Players fiel, begann ich wild zwischen und in den Tracks umherzuspulen. Überall traf ich auf die gleiche 'Vorlese-Qualität', misste aber immer wieder die Stelle, wo sie verkündete, dass wir alle vom 'Kollektiv' assimiliert werden würden und unsere überflüssigen Emotionen dadurch einer Löschung unterzogen. So holte ich mir ein Bier, kippte es fast auf Ex und drückte erneut auf 'Play'.

Mein zweiter Fehler an diesem Abend, der Erste war die CD aus der Hülle zu nehmen.

Nach weiteren 30 Sekunden hielt ich das ganze wieder an und beschloss, dass besser sei mir gleich noch ein Bier zu holen. Zu meinem Glück (oder Pech) war in diesem Augenblick der Whisky alle... und so war ich immer noch bei Verstand als ich Charlotte Zylon in dem Momenten weiter zuhörte...

Nun zum Inhalt:
Kaum sind nicht ganz 2 Minuten von dieser CD vergangen - in denen die Frau zeigte, dass sie die Scheidung ihrer Eltern niemals verarbeitet hat - redet Charlotte Roche bereits über ihre Hämorriden...
...wie man die behandelt, wie sie aussehen und wie sehr sie sich einmal im Schlaf daran gekratzt hat und welche Auswirkungen das auf ihre Unterhose hatte. Zugegeben ich hatte WIRKLICH nichts literarisch-hochwertiges erwartet, aber ich hielt das Hörbuch ein weiteres Mal an und machte mich zur Tanke auf.

(Add:) ...oder es geht um die Hämorriden einer Person die 'Helen' genannt wird. Die Erwähnung dass die Person, die hier aus der Ich-Perspektive erzählt, scheinbar nicht die Autorin selbst ist - welche das Buch ja auch liest, kommt so beiläufig und die Beschreibungen sind so detailliert ,dass man Zweifel daran hat, es handele sich hier nur um erdachte Erlebnisse.

Als ich das Eis aus dem Beutel in das Whiskyglas drückte, drückte ich abermals auf 'Play' - manche Glaubensrichtungen sagen ja Selbstgeißelung wäre ein Weg zur Erlösung. Die Frau machte in Folge vor Nichts - und ich meine NICHTS! - halt und kommt (natürlich) gleich von den Hämorriden, als nächstes auf 'erfolgreichen Analverkehr mit Hämorriden und Tests für wahre Liebe' zu sprechen.

Die Hoffnung, dass die ersten paar Zeilen dieses Buches nur eine Überspitzung seien, um den Leser dazu zu animieren weiterzulesen (oder das Buch schreiend wegzuwerfen) schmolzen dahin, genau so wie die Eiswürfel im bereits halbleeren Whiskyglas.

"...früher war ich Unrasiert mehr glücklich..." geht es weiter und ich fügte in Gedanken "...doch dann wollte sie die beiden Dackel nicht mehr überall mit herumtragen" hinzu und hoffte, dass es nun endlich besser werden würde.
Doch wie es sich herausstellte, ging es erst einmal weiter über ihr 'Arschloch' ... oder das ihreer Romanfigur, oder beides... und dann, in allen Details, auch die schwere Operationen die sie daran hatte.
Selbige OP ist der Rahmen des Buches und somit auch für alle Schilderungen von Kacke, Pisse, Schwänzen, Muschigeruch, öffentliche Toiletten, Pilzbefall im Intimbereich, Detailbeschreibungen der Intimpflege und so weiter, und so weiter... zurück bleibt bzw. blieb mir nur ein einzelener, eingebrannter Gedanke:

"Ohne einen Schutzanzug, dieser Frau niemals die Hand geben..."
"Ohne einen Schutzanzug, dieser Frau niemals die Hand geben..."
"Ohne einen Schutzanzug, dieser Frau niemals die Hand geben..."

...und dabei war gerade mal eine halbe Stunde des Hörbuchs herum.

Schlussendlich drängte mich eine Hirnwindung, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu sehen. "

Ist das vielleicht ein Werk, welches - ohne es zu nennen - den 'blanken Ekel' zum Thema hat?" so die Hirnzellen "Und kritisiert sie vielleicht in diesem Buch, die Sensationsgeilheit der Menschen nach immer profaneren Details?" so die Grauen Zellen weiter, während sie dabei geschäftig auf und abhüpften...
Doch starben sie nur kurz darauf den Alkoholtod, als die Frau mit den Hämorriden am Hintern zum wiederholten male detailgenau erklärte, wie sie sich selbst befriedigt, wann, was und wie viel alles aus ihr herausläuft und verkündete im Anschluss daran, sie schäme sich bei einer OP in Vollnakose nackt dazuliegen und außerdem habe sie als Kind immer wieder vergessen den Schlafanzug auszuziehen, bevor sie sich eine Jeans anzog.

Ich brach ab.
Ich schob das erneut leere Glas über den Tisch und setzte die Flasche vom Mund ab. Ich begann blind zu spulen. "So kann es doch nicht weitergehen! Es kann doch nicht die ganze Zeit um ihren Arsch, ihren Sex, Details der Intimpflege und jeder denkbaren Kombination daraus gehen."

Kapitel 5 - ca. 5:55
"...was ist wenn ich Stuhlgang muss, so nennen die das doch..."

Kapitel 7 - ca. 8:00
"...ich habe einen starken Kackdrang..."

Kapitel 11 - ca. 13:25
"...die wiederrum muss einen Gummihandschuh und einen Müllbeutel Suchen, um den Klumpen zu entfernen..."

Kapitel 13 - ca. 6:20
"...ich wusste damals nichts von Morgenlatten, das habe ich erst viel später gelernt..."

Kapitel 15 - ca. 8:40
"...da wird ihnen gesagt werden: Vorsicht da ist vielleicht Hundekacke dran..."

Kapitel 17 - ca. 11:10
"...mit den fettigen Haaren kann ich, wie mit der 'Gesicht gestopft'-Stellung, testen, ob mich wer wirklich liebt..."

Danach... verblassen meine Erinnerungen.
Ich weiß das ich am nächsten Tag gegen drei Uhr in der Küche wach geworden bin.
Eine weitere, leere und mir bis dato unbekannte, Whiskyflasche neben mir auf dem Boden und Ohropax in den Ohren, kauerte ich vor dem Kühlschrank in der Ecke. Als ich mit brummenden Kopf umsah, schloss ich aus aus den umherliegenden Plastiksplittern, dass ich meinen Bekannten 12 Euro für eine neue Hörbuch-CD schuldete.

...so muss es sich also anfühlen, wenn man dem Killer aus SAW lebend entkommen ist.

7 Kommentare:

Literatur-Team hat gesagt…

http://www.der-flix.de/index.php?preselect=230

das passt mindestens genau so gut dazu^^

Majusbeh hat gesagt…

xD boa wie hart ist das denn...
wir haben das buch hier rumliegen...war schonmal am überlegen das zu lesen...aber nicht mehr nach diesem blogeintrag..

Unknown hat gesagt…

WOOOOOOOORD!!!!!

Ich hab das Buch gelesen und immer nur geguckt wie viele Seiten ich denn noch muss, ich kann den Wirbel darum nicht verstehen. Das Buch ist einfach scheiße, ich würde lieber nochmal Grims Märchen lesen als das... absolute Katastrophe...

Anonym hat gesagt…

Habs zum Glück auch nicht gelesen und wird wohl auch nicht vorkommen.
Finde es bisschen erschreckend dass dieses Buch in irgendeinem Bundesland sogar in Schulen gelesen wird (stand vor einiger Zeit zumindest bei uns in der Zeitung)....

Wie auch immer, ich hab deinen Blog erstmal verlinkt.

Anonym hat gesagt…

Bin schonmal gespannt auf deinen Bericht über Kerkelings Reisebuch.
Ich habs schon druchgehört und muss sagen es lohnt sich.

Gruß,
Jah

Anonym hat gesagt…

jaja, die gute Charlotte Roche. Eine Woche Sizilien, wir hatten das e-book, genug kippen alk und ne shisha, das waren seeehr lustige abende :D

ein sehr abartiges buch :D

Anonym hat gesagt…

Wir können ekliger! - Die Antwort auf „Feuchtgebiete“
Trockenzonen - Wenn Männer aufhören sich zu waschen
von Charles Roch

Erscheint am 1. Februar 2009 bei Carlsen